Was ist die Definition einer Beziehung?
Wann wird aus Verliebtheit und Sex eine Beziehung? Was ist die Definition einer Beziehung? Um diese schwierigen Fragen zu beantworten, haben wir mit dem Paartherapeuten und Autor des Buches „Liebe ist – den ersten Schritt zu tun“, Dr. Wolfgang Krüger, gesprochen.
Beziehung definiert sich durch Sex, aber nicht nur
ElitePartner: Herr Dr. Krüger, wie lautet die Definition einer Beziehung?
Dr. Wolfgang Krüger: Das ist nicht ganz einfach zu beantworten: Am Anfang steht immer die Leidenschaft, die Sehnsucht. Man telefoniert und trifft sich. Die eigentliche Beziehung beginnt, wenn man miteinander geschlafen hat und allmählich den anderen im Freundeskreis und in der Familie vorstellt. Es wird dann zur Selbstverständlichkeit, einander wiederzusehen. Es entsteht Verlässlichkeit in der Beziehung zueinander. Wenn das Paar beginnt, gemeinsam die Zukunft zu gestalten, Pläne zu schmieden, dann reden wir von der Partnerschaft.
ElitePartner: Wie lautet die Definition einer dauerhaften Liebesbeziehung darüber hinaus?
Dr. Wolfgang Krüger: Da reden wir hauptsächlich von drei Dingen: Leidenschaft, Verlässlichkeit und gemeinsame Zukunftsvorstellungen. Aber um den Kern einer Beziehung zu definieren, müssen wir fragen: Was kann wegfallen, ohne dass der Kern der Beziehung zerbricht? Bei vielen langjährigen Paaren ist das die Leidenschaft, also die Sexualität. Die kann auch ganz wegfallen und trotzdem wollen die Partner zusammenbleiben, weil Kinder, Verlässlichkeit und die gemeinsamen Pläne weiterhin bestehen. Entscheidend ist, dass sich zwei Menschen als Team begreifen, das füreinander da ist und gemeinsam durchs Leben schreitet.
„In Umfragen zur Definition einer Beziehung kommt Sex erst auf den mittleren Plätzen.“
ElitePartner: Sex ist also nicht die elementare Antwort auf die Frage: „Was macht eine glückliche Beziehung aus„?
Dr. Wolfgang Krüger: Es gibt Beziehungen, in denen die Sexualität einschläft und in denen beide Partner trotzdem keine Trennung wollen. Aber das Scheitern der Sexualität ist immer ein Warnsignal, weil das Scheitern oft zur Untreue führt. Es gibt in so einer Situation fast immer einen sexuell aktiven Part, einen an Sexualität interessierten Partner. Es entsteht eine Versuchungssituation, die zu Affären führen kann.
ElitePartner: Das heißt: Sex ist relevant, aber nicht entscheidend für die Definition einer Beziehung?
Dr. Wolfgang Krüger: Die Sexualität in der Beziehung einzustellen, ist keine Kleinigkeit. Aber die Menschen halten Sex nicht für das Wichtigste in der dauerhaften Beziehung. In Umfragen kommt Sex erst auf den mittleren Plätzen. Die meisten halten andere Dinge für bedeutender. Sie suchen in der Beziehung Verständnis, Anerkennung, Treue, Hilfsbereitschaft, Humor. Wir wählen unsere Partner meistens nicht danach aus, wer der größte Feger im Bett ist.
„Die Anerkennung des anderen lässt uns schweben.“
ElitePartner: Wonach wählen wir unseren Partner dann aus?
Dr. Wolfgang Krüger: Meiner Meinung nach ist das eigentlich Entscheidende in einer Partnerschaft das Thema Anerkennung. Dass der andere sieht, wie außergewöhnlich und bedeutend wir sind. Es ist die Anerkennung des Gegenübers, die uns am Anfang einer Beziehung schweben lässt. Wenn wir das, was wir einmal beim anderen gesehen haben, nicht mehr sehen, fangen die Probleme an.
ElitePartner: Gibt es noch andere Kriterien für die Definition einer Beziehung? Zum Beispiel die Häufigkeit des Zusammenseins?
Dr. Wolfgang Krüger: Nein. Wie oft man sich sieht, ist nicht das Entscheidende. Es gibt Menschen, die wollen miteinander wohnen und sich jeden Tag sehen. Gerade in den Städten gibt es auch Paare, die halten ihre Wohnungen getrennt und führen eine „Mi-Sa-So-Beziehung“: Sie sehen sich Mittwoch, Samstag und Sonntag. Ich habe mal ein Paar kennengelernt, die sehen sich zweimal im Jahr je vier Wochen. Er fährt zur See, und für die beiden funktioniert das.
„Die Schattenseiten kommen sowieso ans Licht.“
ElitePartner: Braucht die Beziehung ein Mindestmaß an Ehrlichkeit und Transparenz? Wie viel Geheimnis ist erlaubt?
Dr. Wolfgang Krüger: Hier gibt es fließende Übergänge: Auch in einer guten Partnerschaft können beide Geheimnisse haben. Entscheidend ist: Alles für die Partnerschaft Wichtige sollte der Partner wissen, zum Beispiel was Gesundheit, Geld oder die Lebensplanung betrifft. Man sollte auch Dinge von sich aus mit seinem Partner teilen wollen. Hierzu zählen auch intime Wünsche und Fantasien.
ElitePartner: Muss man auch die Dinge mit dem Partner teilen, auf die man nicht stolz ist?
Dr. Wolfgang Krüger: Die Schattenseiten kommen sowieso ans Licht. Deshalb kennt man seinen Partner meist erst nach einem Jahr richtig. Dann ist der Honeymoon vorbei. Man ist ehrlicher und die Beziehung gewinnt an Tiefe.
Ohne Treue funktioniert die Definition einer Beziehung nicht
ElitePartner: Wie wichtig ist das Thema sexuelle Treue? Ist monogam zu leben ein Muss für die Definition einer Beziehung?
Dr. Wolfgang Krüger: Meiner Meinung nach ja. Ich trete grundsätzlich dafür ein. Die Sexualität sollte der Partnerschaft vorbehalten bleiben. Nach meiner mehr als 30-jährigen Erfahrung verschärft Untreue immer die Probleme. Das gilt auch dann, wenn sich beide vorher entschieden haben, die Beziehung sexuell zu öffnen. Ein Partner ist am Ende immer gekränkt.
ElitePartner: Warum ist das Ihrer Meinung nach so?
Dr. Wolfgang Krüger: Die exklusive Liebe für nur einen Partner bedeutet, etwas Besonderes im Leben des anderen zu sein. Diese Tatsache wird verletzt, wenn ein Dritter dazukommt. Die Erfahrung, in so einem intimen Bereich austauschbar zu sein, kränkt.
ElitePartner: Viele Paartherapeuten ermuntern derzeit Paare geradezu dazu, ihre Beziehung zu öffnen. Sie fordern dazu auf, die Qualität einer Beziehung nicht an der sexuellen Treue festzumachen.
Dr. Wolfgang Krüger: Das ist oft Wunschdenken. Die Beziehung zu öffnen, klappt meiner Erfahrung nach einfach nicht. Der Zurückgebliebene hat immer Angst, dass aus dem Seitensprung des Partners mehr werden könnte. Es kommt automatisch Eifersucht auf. Und beim Seitenspringer besteht immer die Gefahr, dass sich das Interesse verlagert – und zwar auf den Dritten. Man darf nicht vergessen: In den meisten Fällen beginnt der Fehltritt damit, dass man vom Partner genervt ist oder das Interesse an ihm gesunken ist.
„Treue Menschen sind nicht immer glücklich.“
ElitePartner: Wie schafft man es dann, treu zu bleiben?
Dr. Wolfgang Krüger: Menschen, die treu sind, sind Studien zufolge emotional intelligenter. Denn sie suchen nach Lösungen in der Beziehung und nicht außerhalb. Sie sind bereit, auch durch mehrjährige Tiefs zu gehen. Ich habe eines festgestellt: Treue Menschen sind nicht immer glücklich. Aber Untreue führt fast immer zu massiven Konflikten. Das halte ich für schwierig. Der Kollege Ulrich Clement argumentiert, diese Konflikte müsse man aushalten. Ich sage, das ist eine Frage des Lebensentwurfs. Wer ein Beziehungstyp ist, der nach Verlässlichkeit sucht, entscheidet sich für die Treue.
ElitePartner: Fällt es Männern Ende 20, Anfang 30 auch deshalb so schwer, sich auf eine dauerhafte Beziehung einzulassen? Weil sie diese Verlässlichkeit als Ende ihrer Freiheit begreifen?
Dr. Wolfgang Krüger: Frauen in diesem Alter suchen potenzielle Familienväter, während die Männer oft noch bindungsscheu sind. Beim Thema Nähe, Distanz und Verlässlichkeit haben Frauen und Männer oft zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Bedürfnisse. Frauen wiederum sind oft Mitte 40 noch einmal in Aufbruchsstimmung, wenn die Kinder langsam das Haus verlassen. In dem Alter kommen viele Männer erst im Beziehungsleben an.
„Autonomie ist wichtig, wenn man eine Beziehung definiert.“
ElitePartner: Genau hierher rührt ein klassischer Konflikt dauerhafter Partnerschaften: Wie verhandelt ein Paar das richtige Maß an individuellen Freiheiten?
Dr. Wolfgang Krüger: Sie werden in einer Beziehung immer Freiräume haben, aber sie müssen sich in den wesentlichen Teilen absprechen und als Team begreifen. Sie müssen immer wieder neu justieren. Zum Beispiel haben 50 Prozent der Frauen den Wunsch, nur eine Nacht pro Woche allein zu schlafen oder allein auszugehen. Nähewünsche sind bei Partnern oft widersprüchlich und müssen deshalb ausgesprochen und verhandelt werden.
ElitePartner: Wenn der Partner Distanz sucht, kann das trotzdem verletzend sein.
Dr. Wolfgang Krüger: Bei der Definition einer Beziehung ist es wichtig, dass jeder Partner ein Eigenleben führt. Autonomie ist wichtig. Wir müssen frühzeitig lernen, mit der Autonomie des anderen souverän umzugehen. Wenn wir Freiheit gewähren, sind beim Partner die Sehnsucht, Nähe herzustellen, und die Leidenschaft umso stärker. Aber das gelingt mir nur, wenn ich eigene Freunde und Interessen habe.
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